Veranstaltung: | LDK MV - Greifswald "Darum GRÜN" |
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Tagesordnungspunkt: | 4. Darum GRÜN |
Antragsteller*in: | Landesvorstand (dort beschlossen am: 10.08.2017) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 12.09.2017, 11:23 |
Antragshistorie: | Version 1 |
G1neu: Darum Grün für Mecklenburg-Vorpommern
Antragstext
Wir haben die Erde von unseren Kindern nur geborgt. Dieser Spruch ist der Kern
GRÜNER Politik. GRÜNE Ideen, wie zum Beispiel der Atomausstieg oder die Ehe für
alle, die als unrealistisch oder gar sinnfrei verworfen wurden, setzen sich
durch. Doch niemals ohne uns. Im Gegenteil. Aktuell sehen wir in Nordrhein-
Westfalen, dass Koalitionen von gestern die Uhr wieder zurückdrehen wollen und
es tun. Dabei fehlt uns die Zeit, solche Rückschritte zu verkraften, denn über
unsere Zukunftsfähigkeit, die Zukunftsfähigkeit Mecklenburg-Vorpommerns,
entscheidet auch diese Bundestagswahl. Gerade für uns ist es wichtig eine laute
Stimme im Bundestag zu haben, die nicht nur auf das Jetzt und Hier schaut,
sondern das Morgen in den Blick nimmt.
Die größte Gefahr für die zukünftige Entwicklung weltweit ist die Erderwärmung.
Der Kampf um die immer weniger werdenden Ressourcen wie Wasser und Lebensmittel
bestimmen das Leben in vielen Teilen der Welt. Wir leben bislang kaum berührt
von den dramatischen Auswirkungen des Klimawandels. Die Bürgerinnen und Bürger
sind sich der Bedeutung des Themas dennoch bewusst. 71% der Menschen in
Deutschland sehen die Veränderung des Weltklimas als größte Bedrohung an. Sie
wissen, dass auch wir in Deutschland uns auf gravierende Veränderungen
einstellen müssen. Die Einhaltung der Klimaziele im Pariser Abkommen ist
entscheidend, um uns die Chance zu geben uns auf die Veränderungen einzustellen.
Uns in Mecklenburg-Vorpommern wird insbesondere der Anstieg des Meeresspiegels,
zunehmende Sturmfluten und Überschwemmungen betreffen, die Sandstrände werden
kleiner, mehr Niederschläge und bis zu 27% weniger Sonnenstunden, sowie ein
Anstieg der Durchschnittstemperatur von bis zu 4,8 Grad erwarten uns. Trotz mehr
Niederschlägen werden wir ein trockeneres Land werden. Das Ökosystem der Ostsee
wird sich stark verändern, insbesondere durch den Temperaturanstieg und eine
weitere Verringerung des Salzgehalts. Dies wird besonders für den Dorsch sehr
bedrohlich. Seine Laichgebiete werden weiter schrumpfen, die Art noch schwerer
zu erhalten sein.
Allein durch die notwendige Steigerung der Effizienz lässt sich der Klimawandel
jedoch nicht stoppen. Sie muss einhergehen mit dem Ausbau der erneuerbaren
Energien und dem schrittweisen, und damit auch sozialverträglichen,
Kohleausstieg bis 2030. Entscheidend ist dabei nicht allein das Abschaltdatum,
sondern die CO2-Menge, die die Kohlekraftwerke in die Umwelt abgeben. Genau
diese muss schnellstmöglich drastisch reduziert werden, um Zeit zu gewinnen, um
in anderen weit komplizierteren Bereichen unser Wirtschaft, den Ausstoß von
CO2zu beenden.
100% Erneuerbare im Strombereich ist machbar, aber gerade in diesem Bereich
fährt die aktuelle Bundesregierung nach der Photovoltaik nun auch die
Windkraftnutzung vor den Baum. In aktuellen Ausschreibungen werden fantastische
Preise erzielt, von denen Experten nicht sagen können, wie diese Projekte diese
Preise in der Realität erreichen wollen. Wenn wir unsere Verantwortung gegenüber
den zukünftigen Generationen ernst nehmen, müssen wir die Energiewende retten
und konsequent weiter betreiben!
2. Neuer Mobilität zum Durchbruch verhelfen
Wir sind ein Bundesland, in dem viele Menschen auf ihr Auto wirklich angewiesen
sind. Diese Abhängigkeit wollen wir durch verbesserte Angebote im ÖPNV und SPNV
verringern. Wir wollen nicht nur eine bessere Vernetzung von Angeboten, sondern
auch sozialverträgliche Preise. Mobilität darf kein Luxus sein! Auch das Fahrrad
wird als E-Bike im Alltagsverkehr eine wesentlich größere Rolle spielen, weil
größere Entfernungen einfacher bewältigt werden können. Bei Neuwagen setzen wir
ab 2030 auf abgasfreie Autos. Dabei wird aus heutiger Sicht das E-Auto und auch
das Wasserstoff-Auto eine herausragende Rolle spielen. Wir schließen andere
Techniken dennoch nicht aus. Die notwendige Ladeinfrastruktur wollen wir
konsequent ausbauen. Mit z.B. nur einer Wasserstofftankstelle aktuell in ganz
Mecklenburg-Vorpommern lässt sich das Potential dieser Technologie in unserem
Bundesland kaum nutzen.
Damit die abgasfreien Autos sich gegen Benzin- und Dieselfahrzeuge endlich
durchsetzen, braucht es auch stärkere steuerliche Anreize, zum Beispiel die
Abschaffung des Dienstwagenprivilegs. Auch die Vorbildwirkung von
Landesverwaltung und vielen Kommunen ist noch stark ausbaufähig.
Nur ein zügiger Umstieg auf abgasfreie Technologien sichert der
Automobilindustrie in Deutschland eine Zukunft und damit auch die Arbeitsplätze
in den Zulieferbetrieben in Mecklenburg-Vorpommern.
Die zukünftige Agrarpolitik entscheidet darüber, ob in Mecklenburg-Vorpommern
die industriellen Massentierhaltungsanlagen nicht weiter wachsen, ob die
Nitratbelastung von Boden und Wasser sinkt und ob der dramatische Artenschwund
gebremst wird. Sie entscheidet darüber, ob das mit der Wachstums- und
Exportfixierung billigend in Kauf genommene Höfesterben, der
Konzentrationsprozess und ruinöse Preiskampf in der Agrarwirtschaft aufgehalten
werden können.
Wir wollen eine Landwirtschaft, die Tiere würdig behandelt, das Klima schützt
und die Artenvielfalt bewahrt. Unser Ziel ist eine Landwirtschaft, in der
Bäuerinnen und Bauern ein gutes Auskommen haben und faire Preise erhalten, in
der Bauernhöfe nicht zu riesigen Agrarfabriken wachsen müssen, um zu überleben.
Auf Dauer wird nur eine Landwirtschaft erfolgreich sein, die nicht auf Kosten
von Mensch, Tier und Umwelt geht und die sich an den Bedürfnissen der Menschen
orientiert.
Eine gesellschaftliche Leistung ist es, wenn die Tiere wesentlich
umweltgerechter und artgemäßer gehalten werden und mehr Platz, Auslauf, Licht
und Beschäftigung bekommen. Eine solche Haltung wollen wir gezielt fördern und
die gesetzlichen Regeln verbessern. Unser Ziel ist es, in den nächsten 20 Jahren
aus der industrielle Massentierhaltung auszusteigen, dass Amputationen und
Qualzucht ein Ende haben. Wir wollen Qualitätsproduktion statt anonyme
Massenware für den Weltmarkt.
Auch der Verzicht auf Ackergifte, auf Überdüngung und das Schaffen von
Nahrungsgrundlagen, Rückzugs- und Lebensraum für wildlebende Tiere sind
gesellschaftliche Leistungen, die der Vielfalt heimischer Tier- und
Pflanzenarten eine Chance geben. Heute werden 50 Prozent mehr Pestizide als 1995
auf den Äckern in Deutschland eingesetzt. 50 Prozent weniger Vögel als noch vor
30 Jahren leben auf den landwirtschaftlichen Flächen Deutschlands. Pestizide
gelten auch als wesentliche Ursache für das Sterben von Bestäubern wie Bienen,
Hummeln und Schmetterlingen. Mit einem Pestizidreduktionsprogramm mit klaren
Zielvorgaben wollen wir den Pestizidinsatz drastisch reduzieren. Besonders
problematische Pestizide wie das Pflanzengift Glyphosat und die
bienengefährlichen Neonicotinoide wollen wir abschaffen.
Neben der grundsätzlichen Umverteilung der Agrarfördermittel ist eine klare, für
alle verbindliche und verlässliche Kennzeichnung der Lebensmittel entscheidend.
Verbraucherinnen und Verbraucher wollen Tierschutz und regionale Lebensmittel.
Wir wollen, dass sie beim Einkauf schnell sehen können, wo und unter welchen
Bedingungen Lebensmittel erzeugt wurden. Für alle tierischen Produkte wollen wir
eine Kennzeichnung, so wie es bei Eiern schon erfolgreich ist: „0“ für
ökologische Tierhaltung, „1“ für mehr Platz und Zugang ins Freie, „2“ für mehr
Platz und höhere Anforderungen an den Stall, „3“ für die gesetzlichen
Mindeststandards.
Jedes Kind soll die gleichen Chancen haben sein Leben später selbstbestimmt
leben zu können. Leider ist in Deutschland die Aussicht dies zu schaffen so sehr
abhängig vom Einkommen der Eltern wie in kaum einem anderen westlichen Land. Da
wiegt es umso schwerer, dass Mecklenburg-Vorpommern einen traurigen Spitzenplatz
beim Thema Kinderarmut einnimmt. Jedes 5. Kind im Land ist auf staatliche
Unterstützung angewiesen. Besonders hoch ist das Armutsrisiko für
Alleinerziehende. Sie werden bisher stiefmütterlich von der Politik behandelt,
als Familie zweiter Klasse. Wir wollen dies ändern und gezielt Alleinerziehende
stärken. Doch selbst die zur Verfügung stehenden Mittel kommen nicht vollständig
bei den Familien an, die bürokratischen Hürden sind zu hoch. Wir wollen
unbürokratisch und zielgerichtet Familien mit mittlerem und kleinen Einkommen
unterstützen, egal in welcher Familienform sie leben. 12 Milliarden Euro wollen
wir dafür zur Verfügung stellen, dass endlich alle Kinder die gleichen
Startchancen im Leben haben. Gute Bildung ist ebenfalls unerlässlich. Dazu
gehört für uns auch der Lernort. Der Erhalt und Bau von Schul- und
Kindergartengebäuden ist jedoch Aufgabe der Kommunen. Den meisten Städten und
Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern fehlt es aber an Geld, um ihren Kindern die
Schulen zu bieten, die sie verdienen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass der
Bund hier aushilft und mindestens 10 Milliarden zusätzlich zur Verfügung stellt.
Kinder zu haben darf kein Armutsrisiko sein. Trotzdem sind Familien mit Kindern,
und hier nochmal besonders Alleinerziehende, betroffen. Wir fordern hier
Gleichberechtigung für alle Formen der Familie. Ein Trauschein allein soll
niemanden vor dem Gesetz mehr besser stellen. Menschen, die füreinander
Verantwortung übernehmen sollen nicht mehr nur die gleichen Pflichten, sondern
auch die gleichen Rechte haben. Wir setzen uns daher für die Einführung eines
„Pakt auf Zeit“ ein, ähnlich dem schwedischen „Sambo“ Status. Damit erhalten
z.B. Lebenspartner*innen Auskunftsrechte gegenüber Ärzten über ihre Stiefkinder.
In Mecklenburg-Vorpommern lebt die überwiegende Mehrheit der Kinder nicht in
klassischen Familien, sondern in vielen unterschiedlichen Konstellationen. Für
sie wollen wir dadurch eine Gleichheit vor dem Gesetz herstellen.
Mecklenburg-Vorpommern steht bereits jetzt vor Fragen, die andere Bundesländer
erst in Zukunft bewegen werden. Der demographische Wandel und unsere sehr
ländlich geprägten Räume sorgen mit dafür, dass die Gesundheitsversorgung
schwieriger und kostenintensiver wird. Gute Gesundheitsversorgung, gute Pflege,
sinnvolle Prävention kosten Geld. Wir wollen diese Kosten gerechter,
solidarischer verteilen und die Zwei-Klassen Medizin beenden. Deshalb schlagen
wir eine Bürgerversicherung vor, in der alle ihren fairen Anteil zur
Finanzierung des Gesundheitssystems beitragen und niemand im Alter oder
schwierigen finanziellen Phasen ohne Krankenversicherung dasteht. Den Übergang
von dem jetzigen System mit gesetzlichen und privaten Krankenkassen gestalten
wir schrittweise. Mit als erste Gruppe sollen alle Abgeordneten des Bundestags
und der Länderparlamente in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln müssen.
Auch bei der Rente wollen wir klar die gesetzliche Rentenkasse stärken und auch
hier zum System der Bürgerversicherung übergehen. Hauptziel ist es, das
Rentenniveau zu stabilisieren, so dass auch zukünftige Generationen nicht in
Altersarmut leben müssen. Wir schlagen hier eine Garantierente vor, die klar
über der jetzigen Grundsicherung liegt und ohne Anrechnung privater
Vorsorgeleistungen allen zusteht, die in die Rentenkasse eingezahlt haben. Wer
privat zusätzlich vorgesorgt hat, soll im Alter auch etwas davon haben.
Nach wie vor verlassen junge Menschen nach der Schule und der Ausbildung unser
Land. Einer der Hauptgründe ist nach wie vor, dass es zu wenige gut bezahlte
Arbeitsplätze hier gibt. Nach wie vor ist der Durchschnittslohn in M-V am
niedrigsten deutschlandweit, innerhalb unseres Land trägt die Insel Rügen
weiterhin die rote Laterne. Mit ein Grund für diese schlechten Zahlen ist die
sehr niedrige Zahl an tarifgebundenen Jobs. Das wollen wir ändern! Tarifverträge
sollen wieder einfacher allgemeinverbindlich für alle Betriebe einer Branche
werden. Dies ist besonders vor dem Hintergrund der Rentenangleichung der
wichtigste Faktor zur Vermeidung von Altersarmut, denn mit der Angleichung der
Renten fällt auch die Höherbewertung der Rentenpunkte Ost weg. Wir wollen es
auch schwieriger und unattraktiver machen, anstelle von regulären, fest
angestellten, Mitarbeiter*innen auf Werksverträge und Leiharbeiter*innen
zurückzugreifen. Wir fordern, dass Leiharbeiter*innen von Beginn an den gleichen
Lohn wie die Festangestellten erhalten und zusätzlich eine
Flexibilisierungsprämie. .
Selbstbestimmt leben wo und wie ich will, heißt auch, dass die Menschen überall
Zugang zu Angeboten der Daseinsfürsorge, kulturellen Angeboten und Bildung
haben. Dafür muss nicht alles in jedem kleinen Dorf vorhanden sein, aber
erreichbar! In Zeiten der Digitalisierung bieten sich gerade den ländlichen
Räumen neue Möglichkeiten - wenn dann die Basis gelegt ist. Wir sind nach wie
vor ganz hinten, wenn es um den Breitbandausbau in Deutschland geht. Nach wie
vor gibt es zu viele weiße Flecken auf der Karte. Wir fordern sehr nachdrücklich
höhere Investitionen für den Ausbau und setzen dabei klar auf Glasfaser und
höheren Bandbreiten als 50 MBit/s. Schweden, mit einer Ausbauquote von 13,6% im
ländlichen Raum (Glasfaser) hat sich als Ziel gesetzt bis 2020 90% aller
schwedischen Haushalte mit 100 MBit/s zu versorgen. Daran müssen auch wir uns
messen lassen!
Die Teilhabe am sozialen Leben soll allen Menschen gleichberechtigt offen
stehen. Dazu gehört insbesondere der Zugang zum Arbeitsmarkt. Bisher leisten wir
es uns Menschen zu benachteiligen und sie nicht ihre Fähigkeiten und Kreativität
ausschöpfen zu lassen. Wir fordern echte Integration und Inklusion, die gezielte
Förderung von Menschen entlang ihrer Bedürfnisse. Die öffentliche Verwaltung
muss hier mit guten Beispiel vorangehen. Wir fordern, dass in den Bundes- und
Landesbehörden die gesetzlich vorgesehene Quote für Menschen mit Behinderungen
innerhalb dieser Legislatur erreicht wird. Erst dann können wir diese Forderung
auch wirklich ernsthaft gegenüber der Wirtschaft vertreten.
Mecklenburg-Vorpommern muss zum Land der Zukunftschancen für alle werden,
unabhängig von Alter, Geschlecht oder Herkunft. Dazu gehört eine intakte Natur-
und Umwelt, gute Bildung für alle, unabhängig vom Geldbeutel der Eltern, gute
Arbeit und die Möglichkeit, sicher und frei von Gewalt, Anfeindungen und
Diskriminierung zu leben. Das können wir schaffen, aber dafür braucht es Mut, um
alte Muster aufzubrechen und Neues zu versuchen. Denn Zukunft wird aus Mut
gemacht!
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